24. September 2021

LAZ reloaded zum FDP – Bundestagswahlprogramm

Die FDP hat in ihrem kurzen, 67 Seiten umfassenden Bundestagswahlprogramm mit den Schwerpunkten Freiheit in Wirtschaft, Bildung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten konsequent umgesetzt, was die anderen Parteien nicht ganz „geschafft“ haben: Frauen werden nur in „Einsprengseln“, d.h. absatzweise in einigen Unterkapiteln, behandelt:

Im Absatz „Besserer Zugang zu Wagniskapital für Frauen“ des Unterkapitels I „Investitionen in die Zukunft“ will die FDP „Gründerinnen beim Zugang zu und bei der Einwerbung von Wagniskapital unterstützen.“ Als Hilfsmittel soll ein „Venture Capital Fonds in Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft“ eingerichtet werden. „Durch die Schaffung eines Netzwerks für Investorinnen sowie weiblichen ‚Business Angels‘ sollen zudem gezielt Frauen bei ihren Gründungsvorhaben unterstützt werden.“

Der Absatz „MINT[1]-Bildung frühzeitig stärken – Mädchen und Frauen gezielt fördern“ des Unterkapitels I „Bildung der Zukunft – Chancen für Aufstieg und Selbstbestimmung“ ist den Frauen explizit ein Satz gewidmet: „Wir fordern ein gezieltes Maßnahmenpaket für die Förderung von Mädchen und Frauen im MINT-Bereich.“

Im Wissenschaftsbereich legt sich die FDP mehr in‘s Zeug: Im Absatz „Diversität in der Wissenschaft“ des Unterkapitels I „Hochschule und Forschung“ beklagt die FDP, dass „der Anteil von Frauen insbesondere in Führungspositionen und vor allem in MINT-Fächern nach wie vor deutlich zu gering“ sei. Um dem abzuhelfen, möchte sie die „Rahmenbedingungen an Hochschulen für Wissenschaftskarrieren“ verbessern und denkt dabei an die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ nach. Auch will sie sich für eine „Untersuchung zur Situation von Frauen in der deutschen Wissenschaft“ einsetzen und hat dabei das MIT (Massachusetts-Institut für Technologie) Ende der 1990er Jahre(!) vor Augen.

Fernab jeglicher Elitenförderung sind den Frauen dann in Unterkapitel II „Moderne Arbeitswelt“ gleich ganze 3 ½ Absätze gewidmet. Das geht von „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ über „Mehr Frauen in Führungspositionen“ und „Gleiche Bezahlung für gleiche Leistung – Transparenz für mehr Gerechtigkeit“ bis zu „Diversity Management in der Arbeitswelt“. Allen Aussagen gemein ist, dass die FDP bei der Umsetzung der Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen und bei der Entlohnung auf die Eigenverantwortlichkeit und Selbstverpflichtung der Unternehmen setzt und Quoten ablehnt – im Lichte der gemachten Erfahrungen einer CDU/CSU-geführten Regierung unter Angela Merkel ein Rohrkrepierer.

Das Unterkapitel II „Modernes Recht für starke Familien“ behandelt im Wesentlichen  rechtliche Regelungen der Fortpflanzung und des Geschlechts, daher sind Fraueninteressen durchweg tangiert: Da geht es z.B. um die Zulässigkeit von Eizell- und Embryonenspende, die nichtkommerziellen Leihmutterschaft, die Mehrelternschaft, das Adoptionsrecht für alle, die Abschaffung des § 219a StGB (nicht des § 218!), die „Verantwortungsgemeinschaft“ und das Self ID-Gesetz inkl. Kostentragung „geschlechtsangleichender Behandlungen“ durch die Krankenkassen, um nur einige zu nennen. Das ist Transgenderismus pur, Fraueninteressen werden nicht berücksichtigt.

Zwar wird die Zunahme von „Straftaten, Hass und Hetze im Internet“ im Unterkapitel II „Presse und Meinungsfreiheit schützen“ beklagt. Eine frauenspezifische Agenda fehlt indes.

Bei der Skizzierung einer „Tolerante(n) und Weltoffene(n) Gesellschaft“ in Unterkapitel II, bei der es um Menschenrechte, Meinungsfreiheit und den Schutz von Minderheiten geht, hat die FDP den „Liberalen Feminismus“ für sich entdeckt, „der auf der Rechtsgleichheit aller(!) Geschlechter aufbaut und für alle Individuen Freiheits- und Entfaltungsräume erweitern will. Der liberale Feminismus strebt die Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen aufgrund ihres gewählten(!) oder biologischen Geschlechts an.“ Ein Husarenstreich! Die FDP hat das Programm der Translobby abgeschrieben und „queer“ durch „liberal“ ersetzt. So einfach ist es, FrauenLesben auszubooten.

In einem der nächsten Absätze folgt dann ein „Nationaler Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit“, in dem eine Erweiterung des Art. 3 Abs. (3) Grundgesetz um den Schutz der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität“ gefordert werden soll. Interessant ist, dass die FDP an dieser Stelle „vergessen“ hat, die „geschlechtliche Identität“ als schützenswertes Merkmal in den Grundrechtskanon mit aufnehmen zu wollen. Weitere Forderungen sind, „LSBTI-feindliche Straftaten bundesweit einheitlich zu erfassen und sie „rassistischer Gewalt“ gleichzustellen. Die Erfassung frauenfeindlicher Straftaten sucht frau an dieser Stelle vergebens. Schließlich will die FDP „die schulische und öffentliche Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ stärken, den „Transhype“ also weiter und noch verstärkt in die Schulen tragen.

Schließlich hat die FDP im Absatz „Häusliche Gewalt effektiv bekämpfen“ doch noch ihr Herz für die geschundenen Opfer häuslicher Gewalt entdeckt: Immerhin will sie sich für die „schnelle, umfassende und wirksame“ Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sowie u.a. „für einen bedarfsgerechten Ausbau von Frauenhausplätzen, eine bundesweit einheitliche Finanzierung sowie ein nationales Online-Register“ einsetzen und „Betroffenen anzeigenunabhängig, kostenlos und anonym die Spurensicherung bei sexueller oder sexualisierter Gewalt ermöglichen“ (Letzteres hat sie mit der CDU/CSU gemein).
Sätze zur frauenverachtenden (Zwangs)Prostitution sucht frau im FDP-Bundestagswahlprogramm indes vergeblich.

Im Unterkapitel III „Freiheit und Menschenrechte Weltweit“ setzt sich die FDP unter dem Absatz „Frauenrechte sind Menschenrechte“ für die Einhaltung und Umsetzung der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) und der Istanbul-Konvention ein. Gleich danach folgt der Absatz „Stärkung von LSBTI-Rechten“, in dem zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen dieser Minderheit die Schaffung einer UN-„Konvention für LSBTI-Rechte nach dem Vorbild der Frauenrechtskonvention“ und ein „europaweiter Schutz von LSBTI-Rechten“ gefordert wird. Frauen und LSBTI: Alles eine Suppe.

Im Absatz „Einwanderung und Flucht“ fällt der FDP als „besonders vulnerable Gruppen“ nur „Verfolgte aus religiösen Gründen oder aufgrund sexueller Identität“ ein; Frauen gehören nicht dazu; auch Lesben nicht, da sie sich, wie die Erfahrung lehrt, im Land der Zuflucht (Deutschland) vor den Behörden mit Sicherheit nicht „outen“ würden.

Im Bundestagswahlprogramm der FDP sind zwei schlechte Welten zusammengekommen: Marginalisierung von Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft (Forderungen nach Gleichstellung ohne wirksame Instrumentarien für ihre Umsetzung) und Übernahme der Genderideologie, welche Frauen ihrer Identität als Gruppe („gewähltes und biologisches Geschlecht) und ihrer Sprache („liberaler Feminismus“) beraubt und als freiheitlich und fortschrittlich daherkommt.

Berlin, den 22.09.2021, LAZ reloaded e.V.


[1] MINT: Mathematik, Ingenieurswissenschaften, Naturwissenschaften, Technik.

Autorin: Gunda Schumann ©

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